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Kungsleden: Kebnekaise nach Tarfala

Autor: Michael Fiukowski          🔘         Lesezeit: ~4 Minuten

8KM

4h

+100M/ -200M

Moderat

Zelt


Auf zur Eishöhle

Der neue Tag ist erwacht und wir mit ihm. Nicht weit von unserer Unterkunft stehen mindestens 20 Wanderer, die auf ihren Wanderführer und den Marschbefehl für den Aufstieg zum Kebnekaise warten. Mir kommt es sichtlich spät vor, da es schon 10:00 Uhr ist. Laut Wikipedia beträgt der Wanderweg zum Berg hin und zurück knapp 20 km. Hinzu kommen noch zusätzlich 1.800 Höhenmeter. Da kommt man doch niemals im Hellen zurück.

 

Unseren Plan für den heutigen Tag haben wir noch gestern Abend geschmiedet. Auf der Wanderkarte ist eine Eishöhle unweit unserer Fjällstation eingezeichnet. Die Mitarbeiter an der Rezeption haben uns bestätigt, dass sie da ist, konnten uns aber nicht versichern, ob die Eishöhle auch begehbar ist. Wir sind dennoch hochmotiviert und machen uns bei bestem Wetter in Richtung Tarfala auf. In Tarfala gibt es eine STF Mountain Cabin direkt an einer Gletscherzunge mit See.

Der Weg dorthin bietet eine der schönsten Aussichten, die der gesamte Kungsleden-Abschnitt zu bieten hat. Nachdem wir die erste Brücke überquert haben, gehen wir nicht geradeaus weiter, sondern biegen nach links Richtung Tarfala ab. Auf dem offiziellen Wanderweg sind wir gezwungen von Stein zu Stein und von Fels zu Fels zu springen, weil alles unter Wasser gesetzt ist. Zu beiden Seiten ragen die Bergketten empor. Zu unserer Linken rauscht lautstark ein Fluss das Tal hinab. Auf einem Felsen gerate ich plötzlich ins straucheln, stürze & fange mich ab, so dass ich nur einen kleinen, blauen Fleck am Schienbein nachtrage. Der Ärger über meine Unkonzentriertheit geht so schnell wie er gekommen ist.

Dem Klimawandel auf der Spur

Unerwartet kommen uns die Belgier Elroy & Arjen entgegen und konfrontieren uns mit einer schlechten Nachricht. Sie wollten ursprünglich, wie wir, zur Eishöhle und berichten, dass die Höhle vor nicht allzu langer Zeit zusammengestürzt ist. Ich finde das ziemlich krass; ist die Höhle doch auf der Wanderkarte eingezeichnet. Sie hat demzufolge schon seit Ewigkeiten existiert, aber ist wohl erst kürzlich eingestürzt. Eine Folge des Klimawandels? Wir vermuten es. 

" 'Das darf doch nicht wahr sein?! Die Eishöhle gibt es nicht mehr?' tief betroffen sinkt meine Stimmung, denn ich hatte mich so sehr darauf gefreut. Nicht, dass es hier nicht schön genug ist, aber die Eishöhle wäre doch noch was ganz Besonderes gewesen. "

Die Belgier kurz vor dem Kältetod

Die Beiden empfehlen uns zur Tarfala-Hütte zu wandern, da es dort einen Gletschersee gibt. Der Gletscher selbst soll nicht allzu groß sein, wirkt aber imposant in der Landschaft, beschreiben Elroy & Arjen. Die Jungs erzählen uns weiterhin, dass sie die letzte Nacht draußen im Zelt geschlafen haben. Die Temperaturen lagen bei -5°C und das Zelt war mit Raureif bedeckt und am Morgen knüppelhart. Zudem haben sie nicht die besten Schlafsäcke und hatten sich alles angezogen, was der Rucksack hergab. Wir gucken die Beiden erstaunt an und hoffen darauf, dass die nächste Nacht nicht auch so kalt wird. Zudem soll der Weg nach Tarfala mit zu viel unwegigem Geröll durchzogen sein. Die Beiden machen sich weiter auf den Weg Richtung Nikkaluokta. Wir hingegen machen eine kurze Rast mit Bedenkzeit und gehen in dieselbe Richtung bis zur Brücke zurück.

Nach einer Stunde Wanderung sehe ich einen Zeltplatz vor mir, wie er im Buche steht. Es ist erst 16 Uhr, aber ich will hier bleiben. 'Wir verbringen die Nacht hier! Ich glaube kaum, dass wir was schöneres finden. Wir haben sowieso noch genügend Zeit.' sage ich zu Sarah. Der Traum in so einer Umgebung schlafen zu dürfen wird wahr. "

Da ist sie wieder. Die Wanderromantik.

Die Sonne geht langsam hinter den Bergen unter und wirft einen imposanten Strahl durch die Berge hindurch auf das darüber liegende Wolkenfeld. Wir haben soetwas noch nie erlebt. Es ist hier einfach perfekt. Wir liegen noch eine Weile so da und genießen den Ausblick, bis wir uns in die Schlafsäcke verkriechen. Sarah bekommt heute meinen Schlafsack, weil sie eingesteht die letzten Nächte wegen frierens nicht richtig geschlafen zu haben.

" Nachdem wir das Zelt aufgestellt haben, machen wir es uns gemütlich. Teewasser wird aufgesetzt und ich mache es mir im Zelt gemütlich. Micha liegt vor dem Zelt, um die Aussicht zu genießen. Was ein schöner Spot! Nicht weit weg vom Fluss, die Berge im Hintergrund und vereinzelt Bäume in der Landschaft. Nachdem wir den Sonnenuntergang genossen haben, spielen wir noch eine Runde Karten. Ich merke schnell wie es immer kälter wird und fühle mich unwohl in meinem Schlafsack. Michas Schlafsack ist flauschiger und wärmer, denke ich mir. Keine zwei Minuten später haben wir die Schlafsäcke auch schon getauscht. Ich habe eine ruhige Nacht, Micha leider nicht. Als wir wach werden, sehen wir dass die Bergspitzen weiß bedeckt sind. "



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